Die geschichtlichen Wurzeln und Wirren von Jeep

Nicht vieles, was in dieser Welt wirklich bahnbrechend ist, wurde oder wird per Dekret geschaffen. So funktioniert Innovation einfach nicht. Aber im Automobilbereich haben wir eine riesige Ausnahme. Und zwar den Jeep – ein Fahrzeug, das zweckmäßig für Kriegslogistik konzipiert wurde und sich zu einer der bekanntesten Marken der Welt entwickelte. Die Geburt von Jeep ist eine komplizierte Geschichte, die gerne unterschiedlich erzählt wird. Unbestreitbar ist nur der Anfang: Am 16. Juli 1941 erhielt die Willys-Overland Motor Co. aus Toledo den Auftrag, den Willys MB für Militärzwecke zu produzieren. Die Rolle dieses Fahrzeugs bei der Niederlage der Achsenmächte während des Zweiten Weltkriegs ist unbestreitbar – sicherte es den Alliierten doch eine flexibles Logistik im Feld.

Der Jeep – Ein Wettrüsten zwischen den Autoherstellern

Als der Zweite Weltkrieg begann Europa und Asien zu verwüsten, erkannte das US-Kriegsministerium, dass die Streitkräfte ein kleines Aufklärungsfahrzeug benötigten. Es veröffentlichte Ausschreibungen an US-Autohersteller – mit einem äußerst knapp bemessenen Zeitplan. Zunächst antworteten nur zwei wenig vermögende Kleinwagenspezialisten: American Bantam Car Co. aus Butler und Willys-Overland aus Toledo. Der erste Prototyp eines Militärjeeps wurde tatsächlich von Bantam entwickelt. Entworfen in 18 Stunden von Karl Probst, einem freiberuflichen Autodesigner aus Detroit, übertraf der Erstentwurf von Bantam die Erwartungen der Armee bei den ersten Tests im September 1940. Das Kriegsministerium hatte jedoch Bedenken hinsichtlich Bantams Fähigkeit, den Bedarf des Militärs zu decken. Infolgedessen lud es Willys-Overland und Ford Motor Co. ein, sich um den Aufklärungsfahrzeugvertrag zu bewerben; mit Probsts Design als Wegweiser.

Wer baute nun den erst Jeep MB?

Alle drei involvierten Autohersteller stellten daraufhin ein Fahrzeug her, das den Spezifikationen des Kriegsministeriums entsprechen sollte – aber mit unterschiedlichem Erfolg. Der Willys Quad hatte den stärkeren Motor – den 60 PS starken Go Devil Vierzylinder, der ihm einen erheblichen Leistungsvorteil verschaffte. Der Ford Pygmy hatte eine überlegene Form und verfügte über eine flache Motorhaube und flache Kotflügel, die das Kriegsministerium als nützliche Verbesserungen einschätzte. Der Bantam, der jetzt von seinem ursprünglichen Design etwas abwich, war der leichteste und kraftstoffeffizienteste. Nach strengen Tests in Maryland holte das Kriegsministerium endgültige Angebote ein und vergab den ersten Produktionsauftrag an Willys-Overland. Ein zweiter Produktionsauftrag für das gleiche Design wurde später an Ford vergeben, um die Nachfrage zu bedienen. Mehr als 637.000 MBs wurden von Willys und Ford während des Zweiten Weltkriegs gebaut, während Bantam einen Auftrag zum Bau von Vierteltonnenanhängern erhielt, die hinter dem MB gezogen wurden.

Welche Funktion hatte der Jeep auf dem Schlachtfeld?

Auf dem Schlachtfeld war der MB (wie erhofft) schnell, wendig und zäh. Es konnte fast jedes Gelände bewältigen. Wenn er stecken blieb, war er leicht genug, dass einige wenige Soldaten ihn selbständig bergen konnten. Er diente auch als Krankenwagen auf dem Schlachtfeld und durchquerte in allen erdenklichen Funktionen Flüsse und Seen. Auch konnte auf ihm ein MG montiert werden oder er diente der raschen Beförderung tragbarer Panzerabwehr. Der originale MB war also ein enorm zweckdienliches Fahrzeug, dass viele logistische Anforderungen von großer taktischer Wichtigkeit erfüllen konnte. Noch heute existieren übrigens einige Hinweise auf Jeeps Geburt als Koproduktion im „Nachfahren“ des MB, dem Jeep Wrangler. Zum Beispiel sind die „T“ -Verriegelungen, die immer noch verwendet wurden, um die Motorhaube zu fixieren, eine Ford-Innovation. Ebenso wie der einteilige, gestanzte Schlitzgrill mit runden Scheinwerfern, der bis heute als wichtiges Erkennungsmerkmal der Marke Jeep gelten kann.

Nachkriegswirren

Die Kriegsgeschichte des Jeep ist gut dokumentiert, aber der Übergang zum zivilen Fahrzeug ist etwas nebulöser. Jedenfalls war das Nachkriegsleben von Jeep eine jahrzehntelange Serie sowohl mitreißender Erfolge als auch erbärmlicher Misserfolge. Ein schwacher Firmeninhaber nach dem anderen scheiterte, doch Jeep überdauerte irgendwie – wurde gar zeitweise zum Synonym für Geländewagen.

Als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging, begannen die Führungskräfte von Willys, über die Nachkriegsexistenz des Jeep nachzudenken. Sie mussten nicht lange nach einem Design suchen. Willys nahm den MB und modifizierte ihn, verbesserte die Scheinwerfer und Sitze und gab ihm eine Heckklappe. Die Serienversion wurde zum Willys CJ-2A. Es wurden auch andere innovative Fahrzeuge eingeführt, darunter der Willys Station Wagon von 1946 – der erste derartige Kombi, der vollständig aus Stahl gebaut wurde – und der Jeep Pickup von 1947. In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg behielt Jeep eine kleine, aber loyale zivile Anhängerschaft, blieb jedoch in Bezug auf Volumen und Rentabilität weitgehend von seinen militärischen Verträgen abhängig.

Die heiße Kartoffel

Es wurden dennoch weiterhin innovative zivile Designs entwickelt, wie der FC-170 von 1957, der Wagoneer SUV von 1963 und der Gladiator Pickup von 1963. Die Eigentümerstruktur von Jeep war jedoch alles Andere als stabil – geschweige denn beständig. Willys-Overland wurde 1953 von Kaiser Manufacturing Co. gekauft. 1963 ließ das Unternehmen den Namen Willys fallen und wurde zur Kaiser-Jeep Corp. Sechs Jahre später, 1969, wurde das Unternehmen von American Motors übernommen. AMC war bei der Übernahme von Jeep finanziell jedoch nicht in guter Verfassung. Im Jahr 1978 kaufte der französische Autohersteller Renault 25 Prozent des angeschlagenen US-Autoherstellers. Und das war nur der Anfang vom Jeep als Wandermarke. Insgesamt liest sich die Chronologie der Eigner wie folgt:

  • 1944–1953: Willys-Overland
  • 1953–1964: Kaiser Jeep (alias „Willys Motors“)
  • 1964–1970: Kaiser Jeep (Namensänderung)
  • 1970–1987: AMC (Renault hatte jedoch phasenweise Kontrolle über die Jeep Produktion)
  • 1987–1998: Chrysler Corporation
  • 1998–2007: DaimlerChrysler AG
  • 2007–2009: Chrysler LLC
  • 2009–2013: Chrysler Group LLC – Fiat Group
  • 2014–2021: Fiat Chrysler Automobiles
  • 2021–bis heute: Stellantis